Technische Sturzerkennung gehört zu den meistgesuchten Lösungen, wenn ältere Menschen sicherer zu Hause leben möchten. Sie verspricht schnelle Hilfe, wenn niemand in der Nähe ist, und gibt Angehörigen ein Gefühl von Entlastung. Gleichzeitig werden viele Systeme überschätzt oder nicht passend eingesetzt.

Dieser Arikel erläutert, warum Sturzerkennung sinnvoll sein kann, wo ihre Grenzen liegen und welche Fragen vor der Auswahl geklärt werden sollte, damit die Technik auch wirklich unterstützt.

Warum Stürze im Alter so folgenschwer sind

Stürze gehören zu den häufigsten Gründen für Krankenhausaufenthalte im höheren Alter. Laut Studien stürzt ein erheblicher Teil der Menschen über 65 mindestens einmal pro Jahr; bei Hochbetagten ist der Anteil noch höher, und viele Betroffene erleiden dabei relevante Verletzungen und Einschränkungen im Alltag. Besonders wichtig ist der Ort: Ein Großteil aller Stürze passiert in der eigenen Wohnung, häufig im Wohnzimmer, Schlafzimmer oder Bad, etwa durch Stolperstellen, nachlassende Reaktionsfähigkeit, Medikamentennebenwirkungen oder schlechtes Licht beim nächtlichen Aufstehen.​

Kritisch wird es, wenn ältere Menschen allein leben. Bleibt ein Sturz unbemerkt, kann es lange dauern, bis Hilfe eintrifft. Jede Minute am Boden erhöht das Risiko für Komplikationen und Sterblichkeit deutlich. Diese Zusammenhänge erklären, warum Sturzerkennungssysteme so stark in den Fokus gerückt sind und viele Familien nach technischen Lösungen suchen, die im Ernstfall schneller Alarm schlagen.​

Welche Art von Lösung in welcher Situation sinnvoll ist

Sturzerkennung funktioniert nicht nach dem Prinzip „eine Lösung für alle“. Welche Technik sinnvoll ist, hängt von mehreren Aspekten ab, u.a. vom individuellen Risikoprofil, von den Lebensgewohnheiten der betroffenen Person oder davon, wie viele „Nebenwirkungen“ (z.B. Fehlalarme oder Überwachungsgefühl) akzeptiert werden. Erst im Zusammenspiel entsteht ein System, das wirklich hilft, ohne den Alltag unnötig zu belasten.

1. Risikodimension: vom aktiven Check-in bis zur Echtzeitüberwachung

Bei geringem Risiko muss es nicht sofort eine dauerhafte Überwachung sein. Hier reichen oft sanfte Formen des Hintergrundmonitorings, zum Beispiel Lösungen, die prüfen, ob typische Alltagstätigkeiten stattfinden – etwa über die Auswertung von Strom- oder Wasserverbrauch mit intelligenten Zählern. Bleiben diese Muster ungewöhnlich lange aus, wird nachgefragt, ob alles in Ordnung ist. Auch ein klassischer Hausnotrufknopf gehört in diese Kategorie, da er nur im Notfall aktiv betätigt wird.

Steigt das Risiko, sind präzisere und schnellere Wege hilfreich, um Auffälligkeiten zu erkennen und eine hinterlegte Kontaktperson zu informieren. Dann kommen Sensoren in Frage, die in der Wohnung installiert werden und Mobilität, Aktivitätsmuster oder Bewegungsabläufe auswerten. Häufig handelt es sich dabei nicht um Kameras, sondern um radarbasiertes Monitoring, das Bewegungen anonymisiert erfasst.

2. Alltagsgewohnheiten: was zu einer Person passt

Genauso wichtig ist die Frage, was eine Person im Alltag akzeptiert. Manche Menschen akzeptieren ein Gerät am Körper, z.B. eine Uhr mit Notfallruf-Funktion am Handgelenk. Für Andere eignen sich eher im Hintergrund agierende, raumbasierte Lösungen wie Radarsensoren, Bewegungsmelder oder die Auswertung von Strom- und Wasserverbrauch.

3. Wer im Notfall reagieren soll

Ebenfalls zentral ist, wer im Ernstfall informiert werden soll. Je nach Situation kommen z.B. Angehörige, Nachbarn oder professionelle Dienste wie Johanniter, DRK oder Malteser in Frage. Viele Systeme lassen sich an bestehende Rufdienste anschließen, sodass im Notfall automatisch eine Alarmkette ausgelöst wird

4. Die Grenzen der Technik

Trotz aller Vorteile hat Sturzerkennung klare Grenzen, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollten:

a) Fehlalarme

Viele Lösungen melden auch harmlose Situationen, etwa schnelle Bewegungen oder ungewöhnliche Aktivitäten, und genau das ist einer der häufigsten Gründe, warum Geräte im Alltag wieder ausgeschaltet oder nicht mehr getragen werden. Je schneller ein System im Notfall reagieren soll, desto empfindlicher muss es eingestellt sein, und desto eher kommt es leider auch zu diesen Fehlalarmen.

Entscheidend ist deshalb, wie hoch die persönliche Toleranz für Fehlalarme ist und wie groß gleichzeitig das Bedürfnis nach möglichst schneller (nahezu „Echtzeit“-) Meldung.

b) Gefühl der Überwachung

Das zweite Entscheidungskriterium ist das Gefühl der Überwachung. Viele Menschen lehnen es ab, wenn Bewegungen oder Aktivitäten erfasst werden, und empfinden schnell das Gefühl, beobachtet zu werden. Dieses Empfinden entscheidet maßgeblich darüber, ob ein System im Alltag angenommen und dauerhaft genutzt wird.

Deshalb ist es wichtig, gemeinsam zu klären, welche Form der Erfassung sich für die betroffene Person noch stimmig und respektvoll anfühlt und auch wo gezielte Aufklärung helfen kann. Denn oft werden weniger und anonymere Daten erfasst, als das Gefühl zunächst vermuten lässt.

Technik als Baustein, nicht als ganze Lösung

Sturzerkennung kann ein wichtiger Baustein sein, um Menschen mehr Sicherheit zu geben. Entscheidend ist, dass die gewählte Lösung zum tatsächlichen Risiko, zum Alltag und zum Sicherheitsgefühl der betroffenen Person passt und nicht mehr Kontrolle erzeugt, als nötig ist.

Technik ersetzt weder eine sichere Wohnumgebung noch geübte Routinen, aber sie kann im Ernstfall wertvolle Minuten gewinnen und dafür sorgen, dass Hilfe rechtzeitig eintrifft. Am hilfreichsten ist sie, wenn sie gemeinsam ausgewählt, gut erklärt und im Alltag erprobt wird.

Gerne unterstützen wir Sie dabei, die passende Lösung für Ihren Alltag zu finden. Im WohnFit Check betrachten wir gemeinsam das persönliche Sturzrisiko, die Wohnsituation und Wünsche, und entwickeln daraus ein passendes Sicherheitskonzept.

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